Investmentmärkte – Am Immobilienmarkt liessen sich überdurchschnittliche Erträge erzielen – wenn Investoren nicht dem Herdentrieb folgen, sagt Fabian Linke, Head Business Development bei Swiss Prime Site Solutions, deren Fonds antizyklisch agiert.
Interview mit Immobilien Business
Immobilien Business: Herr Linke, was sind antizyklische Immobilieninvestments?
Fabian Linke: Es handelt sich dabei um Investments, die in einer bestimmten Marktphase von der Mehrheit der Investoren als nicht sehr positiv beurteilt werden, später dann aber grosses Potenzial offenbaren.
Der antizyklisch agierende Investor stellt sich also gegen den Markt?
Der antizyklisch agierende Investor erkennt Chancen für ein Investment in der Zukunft, die die Masse der Marktteilnehmer nicht sieht. Ob Aktien, Bonds oder Immobilien – an den Märkten gibt es einen Herdentrieb. Die grosse Mehrheit drängt im Boom in die gleichen Anlageprodukte und flieht umgekehrt in der Baisse aus diesen. Entsprechend gibt es beim Marktwert Ein- respektive Ausstiegschancen.
Ihr Fonds, der Swiss Prime Site Solutions Investment Fund Commercial, investiert in antizyklische Immobilieninvestments. Welche Vorteile bieten diese?
Durch das stabile Wirtschaftswachstum, den attraktiven Wirtschaftsstandort Schweiz, die ungebrochene Nettozuwanderung, die Tendenz weg von der Globalisierung zu vermehrt lokaler Produktion sowie die Entwicklung zu mehr Arbeitsplätzen im tertiären Berufssektor, verzeichnen wir im antizyklischen kommerziellen Immobiliensektor Erfolg versprechende Anlagemöglichkeiten. Somit sehen wir bei kommerziellen Liegenschaften aktuell attraktive Akquisitionsopportunitäten mit einer klaren Mehrrendite gegenüber Wohnliegenschaften bei überschaubarem Risiko. Weiter weisen kommerzielle Liegenschaften einen Inflationsschutz dank der mehrheitlichen oder vollen Indexierung der Mietpreise an den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Dank langfristigen Mietverträgen sind die Cashflows planbar und über Jahre hinaus in der Regel gesichert. Ein weiterer Vorteil wird mittels Triple-Net-Mietverträgen erreicht, wodurch die gesamten Unterhaltspflichten sowie die Eigentümerlasten weitgehend auf den Mieter abgewälzt werden können.
Welche Risiken müssen Investoren dabei tragen?
Allgemein sind Immobilien abhängig von Zinsänderungen. Nebst möglichen Wertänderungsrisiken können sich entsprechend Refinanzierungskosten bei einem Fremdkapitaleinsatz verteuern. Wird gebaut oder saniert, sind wie bei den aktuellen Materiallieferengpässen Kostenrisiken von Bedeutung. Zu berücksichtigen sind Standort- und Marktrisiken sowie die Mietzinseinnahmen respektive im Umkehrschluss das Leerstandrisiko. Bei kommerziellen Liegenschaften spielt zusätzlich die konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung eine wichtige Rolle. Bei indirekten Immobilienanlagen wie beispielsweise bei kotierten Immobilienfonds oder -gesellschaften, können zusätzlich Kursschwankungsrisiken am Sekundärmarkthandel resultieren.
Im letzten Jahr hat Ihr Fonds das Einkaufszentrum Centro Lugano Sud im Tessin zugekauft. Wie ging es weiter nach dieser Akquisition?
Dieses Shoppingcenter ist ein gutes Beispiel für antizyklische Investments. Aufgrund unseres ausgeprägten Know-hows und starken Netzwerk konnten wir innert der ersten 6 Monaten nach Übernahme bereits Erfolge erzielen und den Leerstand weiter senken. Unter anderem konnten wir die Neuvermietung an den ersten Flagship Store von Oakley in der Schweiz, der Dritte Europas verzeichnen. Die Nachfrage an diesem Standort übersteigt derzeit unser Flächenangebot. Dieses Investment zeigt, dass sich unsere detaillierte Markteinschätzung auszahlt und sich nun der prognostizierte Businessplan wie gewünscht umsetzen lässt. Bei antizyklischen Investments ist eine professionelle Beurteilung von Chancen und Risiken der wesentliche Erfolgsfaktor.
Das klingt, als wäre ihre Arbeit sehr leicht: Einfach ein Objekt mit Leerstand einkaufen, einen Makler mit der Vermietung beauftragen – und schon sprudelt die Rendite. Dieses Modell könnte doch jeder andere Investor auch reproduzieren...
So einfach ist es nicht. Sie müssen zunächst geeignete Liegenschaften finden, auf welchen attraktive Businesspläne unter Berücksichtigung von Rendite-Risiko-Verhältnissen umgesetzt werden können. Wir verfügen über ein erfahrenes Akquisitionsteam mit sehr guten Marktkenntnissen und einem umfassenden nationalen und internationalen Netzwerk. Zudem unterstützt uns unsere Vermarktungsabteilung beim aktiven und systematischen Management einer Liegenschaft. Dabei arbeiten wir eng mit unserer Schwester-Gruppengesellschaft Wincasa zusammen. Sie bewirtschaftet schweizweit 245.798 Objekte im Gesamtwert von über 80 Milliarden Franken und verfügt daher über exzellente Kontakte zu potenziellen Nutzern.
In den vergangenen Jahren ging es an den Immobilienmärkten stetig nach oben. Hätte in dieser Zeit eine antizyklische Anlagestrategie implementiert werden können?
Liegenschaften bewegen sich entlang ihres Lebenszyklus. Entsprechend kann eine antizyklische Anlagestrategie u.a. in Bezug auf Sanierungsstau, Leerstandsmanagement oder Ausnützungspotenzialen implementiert werden. Solange die Zinsen jedoch gefallen sind und schliesslich auf tiefem Niveau verharrten, profitierten Buy-and-hold-Immobilieninvestoren vom jährlichen Bewertungs-Rückenwind.
Eine detailliertere Analyse zeigt jedoch etwas anderes?
Nicht im Gesamtmarkt, aber in Teilsegmenten. Das Wachstum des Online-Handels hat Retail-Liegenschaften für einen Teil der Investoren unattraktiv gemacht. Ein weiteres Beispiel sind Büroimmobilien. Sie werden von einigen Marktakteuren mit Vorbehalten eingeschätzt, seit im Verlauf der Corona-Pandemie die Arbeit im Homeoffice attraktiver wurde. Skeptiker fürchteten, dass Unternehmen ihre Mitarbeitenden einige Tage die Woche ins Homeoffice senden und daher weniger Büroflächen benötigen. Die Zahlen zeigen jedoch eine andere Wahrheit.
Sie sehen Büroliegenschaften deshalb auch als antizyklisches Investment?
Nicht Core-Objekte. Solche langfristig vermieteten Immobilien an Topstandorten sind weiterhin sehr gefragt. Aber Büroliegenschaften an B-Standorten mit demnächst auslaufenden Mietverträgen oder einem gewissen Modernisierungsbedarf können jetzt zu Preisen erworben werden, die nach dem Abbau des Leerstands oder nach der Revitalisierung, Erträge abwerfen, die unseren Vorstellungen entsprechen.
Wie sehen diese Vorstellungen aus?
Institutionelle Investoren sind auf stabile und jährliche Dividendenzahlungen aus Anlageprodukten angewiesen. Deshalb legen wir beim SPSS IFC in unsere Anlagestrategie besonderen Fokus auf die Cashflow Rendite. In unserem ersten, verkürzten Geschäftsjahr stammen 4.05% der Anlagerendite von total 5.75% nach 9.5 Monaten direkt aus dem Cashflow. Der Erfolg des Produktes basiert daher nicht auf Aufwertungen, sondern auf effektiv verdienten Cashflows, den Mieterträgen aus den Liegenschaften. Generieren lässt sich dies auch mit dem Sale & Lease Back von Gewerbeliegenschaften, weshalb wir auch in dieses Segment investieren.
Sie meinen den Kauf des Forschungs- und Entwicklungscenters der VF Corporation in Stabio, das sie an das Unternehmen im Zuge des Vertrags gleich wieder vermietet haben?
Ja, und zwar mit einer Laufzeit von 15 Jahren plus Verlängerungsoptionen. Die VF Corporation, zu der unter anderem Marken wie The North Face, Vans und Timberland zählen, hat im Tessiner Fashion Valley ihren Europasitz und nutzt einen Teil des durch den Immobilienverkauf freigesetzten Kapitals, um dort einen zusätzlichen Campus für ihre Mitarbeitenden zu schaffen.
Der Fonds wurde im Dezember 2021 lanciert und hält nun 18 Liegenschaften im Gesamtwert von rund 440 Millionen Franken. Welches Wachstumspotenzial sehen Sie für die Zukunft?
Wir wollen das Portfolio über weitere Kapitalerhöhungen deutlich ausbauen. Dabei dürfte uns zugutekommen, dass der Fonds keine Holdingstruktur hat, sondern die Immobilien direkt besitzt. Die Steuern werden somit bereits vom Gefäss bezahlt. Die Ausschüttungen sind für die Investoren steuerfrei.